PROJEKTSKIZZE

Im Fokus des Antragsvorhabens ThULB | Provenance steht die Erforschung von Verdachtsfällen NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts an der vormaligen Universitätsbibliothek Jena. Das Projekt dient insgesamt der Neuausrichtung methodischer Grundlagen für eine adäquate und zielführende Provenienzforschung an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) Jena, zunächst bezogen auf die Erwerbungsjahre 1933 bis 1945. Auf Basis verschiedener Verdachtsfälle sollen bibliothekarisches Erschließungswissen und die kritische Auseinandersetzung mit der Hauspolitik während der NS-Zeit, Lebensschicksalen und Objektbiographien verknüpft werden.

Das Projekt ist von Beginn an hybrid gedacht: Ausgehend von Buchbeständen, Aktenüberlieferungen und Zugangsbüchern sowie Katalogeinträgen wird die Mediastage ThULB | Provenance befüllt und ist als interoperable Webanwendung der ständig anwachsende digitale Wissensraum für die Provenienzforschung an der ThULB. Dabei werden Workflows und Datenmanagementpläne definiert und in verbindliche Arbeitsanweisungen überführt, die wiederum Ansatzstellen für die nachfolgende, sich an dieses Vorhaben anschließende Provenienzforschung im Kontext von unrechtmäßigen Entziehungen in der SBZ- und DDR-Zeit darstellen.

Bereits in Vorbereitung des Antragsvorhabens ThULB | Provenance wurde ein intensives Aktenscreening betrieben, welches Leerstellen in der Dokumentation des Zugangs von Bibliotheksgut an der früheren Universitätsbibliothek Jena aufzeigte, die in Kombination mit statistischen und anekdotischen Auffälligkeiten deutliche Verdachtsmomente darstellen. Informationen aus den Katalogsystemen wurden in Vorbereitung des Antrages exemplarisch gesichtet. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der nicht erfolgten systematischen Erschließung und digitalen Verzeichnung von Provenienzinformationen im Rahmen der Überführung des historischen, handschriftlich geführten Standortkataloges in den Verbundkatalog des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV) seit Ende der 1990er Jahre. Auf Basis der Vorarbeiten lassen sich unmittelbar die Voraussetzungen für eine dezidierte, sammlungs- und bestandsorientierte Provenienzforschung ableiten.

Insgesamt trägt das Vorhaben ThULB | Provenance als wichtiger Baustein zur finalen Aufarbeitung der Institutionengeschichte der Universitätsbibliothek ab den 1920er Jahren bei, die immer noch ein Forschungsdesiderat ist.